EUDR: «Die Schweiz täte gut daran, sich aktiv einzubringen»

Die EU verbietet künftig Importe von bestimmten Rohstoffen und daraus verarbeiteten Produkten, wenn dafür Wälder gerodet wurden. Davon betroffen sind auch Schweizer Unternehmen, die zum Beispiel Schokolade und Kaffeekapseln in die EU exportieren. Die Umsetzung dieser Entwaldungsverordnung (EUDR) ist komplex – und stösst auf Kritik. Elisabeth Bürgi Bonanomi, Rechtsexpertin für nachhaltigen Handel, und Umweltökonomin Astrid Zabel forschen am CDE nach Lösungen, wie sich die EUDR umsetzen lässt, so dass Produzent*innen und Länder des globalen Südens davon profitieren.

Astrid Zabel and Elisabeth Bürgi Bonanomi
Die EU-Entwaldungsverordnung wird zu grossen Veränderungen von Produktion und Handel führen: Astrid Zabel (links) und Elisabeth Bürgi Bonanomi über Chancen und Risiken der EUDR. Foto: CDE


Interview: Gaby Allheilig

Brüssel will mit der EUDR die globale Entwaldung eindämmen. Für die Verordnung erntet die EU sowohl Lob als auch Kritik. Ist die EUDR aus Ihrer Sicht ein Meilenstein oder ein Stein des Anstosses?

Astrid Zabel: Aus meiner Sicht ist es ein zweischneidiges Schwert. Für umweltbewusste Konsument*innen in der EU ist es ein Meilenstein, der hinsichtlich Entwaldung viel bewirken kann. Für die Produzent*innen in den Entwicklungsländern kann die EUDR jedoch durchaus ein Stein des Anstosses sein: Sie müssen innert kurzer Frist grosse Veränderungen durchmachen, wenn sie weiterhin in die EU liefern wollen. Das wird zu starken strukturellen Veränderungen von Produktion und Handel führen.

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«Die EU hat eine wichtige Türe für zielgerichtete Handelsregeln aufgestossen»

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Elisabeth Bürgi Bonanomi: Die EU hat mit der EUDR neue Handelsregeln eingeführt, die grundsätzlich in die richtige Richtung zielen. Es liegt ein Paradigmenwechsel vor. Dieser besteht darin, dass Erzeugnisse, die auf unterschiedliche Weise produziert worden sind, beim Import auch unterschiedlich behandelt werden – was von den Staaten bislang nur sehr zögerlich gemacht wurde. Es gibt allerdings viele Fragen, die die Umsetzung betreffen.

Die EU will voraussichtlich ab 2026 eine Reihe von Rohstoffen nur noch auf ihrem Markt zulassen, wenn diese nicht auf Flächen produziert worden sind, die nach 2020 entwaldet wurden. Das gilt für Kakao, Kaffee, Palmöl, Kautschuk, Rinder, Soja und Holz sowie daraus hergestellte Erzeugnisse. Auch müssen diese im Einklang mit dem Recht des Herstellerlandes erzeugt worden sein. Diese Entwaldungsverordnung, abgekürzt EUDR, ist unabhängig vom Herkunftsland gültig – betrifft also auch Produkte aus der Schweiz, die in die EU exportiert werden und entsprechende Rohstoffe enthalten. Um nachzuweisen, woher die Produkte stammen («Rückverfolgbarkeit»), müssen Importeure GPS-Koordinaten beibringen und einen Legalitätsnachweis vorlegen.


In einem neuen Forschungsprojekt in Äthiopien zur Thematik im Kaffeebereich, das ich leite, haben wir zum Beispiel deutlich gesehen, dass die Bäuerinnen und Bauern die geforderten Daten nicht einfach so liefern können. Die Umstellung braucht Zeit und Geld. Wertschöpfungsketten müssen transparenter gestaltet und EUDR-konformer Kaffee muss besonders ausgeschieden werden. Zudem sollte die EU in Fällen, in denen viele Kleinbäuer*innen betroffen sind, territoriale Ansätze zulassen.

Das heisst?

Elisabeth Bürgi Bonanomi: Hier geht es darum, dass Produzent*innen-Organisationen die Geodaten erheben können, damit nicht jede einzelne Person diese Daten sammeln muss – und dass Landschaften per se als entwaldungsfrei gelten können. Es gibt Anzeichen dafür, dass die EU hier einschwenkt. Problematisch bleibt, dass die EUDR nicht regelt, wer die Zusatzkosten für die Rückverfolgbarkeit tragen soll. Sie hätte auch vorsehen können, dass die Dienstleistungen zur Rückverfolgbarkeit vorwiegend aus den Produzentenländern bezogen werden sollen; das würde zur mehr Wertschöpfung vor Ort führen.

Die Frist für die Einführung wird höchstwahrscheinlich um ein Jahr verlängert – nicht zuletzt auf Druck der Produzentenländer und Importeure. Neben der kurzen Frist wird vor allem beanstandet, dass die EU als Importmarkt mit einem einseitigen Top-Down-Vorgehen Druck auf die Produzent*innen im globalen Süden ausübt.

Astrid Zabel: Auch wenn nun voraussichtlich zwölf Monate mehr Zeit zur Umsetzung gewährt werden, bleibt die Frist sportlich und das Top-Down-Vorgehen problematisch. Aber die EUDR ist ein Stück weit auch eine Reaktion der EU auf die Frustration, dass der Vorläufer, die europäische Holzhandelsrichtlinie EUTR, nicht wirklich funktioniert hat. Jetzt versucht man, stärker Einfluss zu nehmen und weitet die Verordnung auch auf andere Produkte als Holz aus. Dabei wird zwar Druck ausgeübt, aber man eröffnet auch Möglichkeiten: Wer die Bedingungen erfüllt, hat Zugang zum europäischen Markt, der ja nicht uninteressant ist.

Warum ist die EUTR faktisch gescheitert?

Elisabeth Bürgi Bonanomi: Die EU hat mit verschiedenen Ländern sogenannt freiwillige Partnerschaftsabkommen abgeschlossen. Diese wurden nur teilweise umgesetzt. Vom Konstrukt her war die EUTR eigentlich ausgewogener: Die EU forderte die Einhaltung von Standards, hat im Gegenzug aber für entsprechendes Holz besseren Marktzugang gewährt. Dabei orientierte sie sich an der Tatsache, dass Produzierende im globalen Süden gewinnbringende Märkte brauchen und es für sie wichtig ist, umweltfreundliche Produkte auch auf internationalen Märkten absetzen zu können. Der Ansatz des erleichterten Marktzugangs wurde in der EUDR nicht übernommen.

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«In Äthiopien haben wir viele Expert*innen getroffen, die die EUDR auch als Chance sehen»

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Ich möchte noch auf die Kritik am Top-Down-Ansatz zurückkommen. Diese scheint mir zu kurz gegriffen. Die EUDR ist Teil des Green Deals der EU, mit dem sie auf die grossen Umwelt-Herausforderungen reagiert, mit denen wir konfrontiert sind. Sie versteht sich als konstruktive Akteurin, die auch globale Verantwortung trägt, wenn Common Concerns betroffen sind. Mit dem neuen Regulierungsansatz will sie im Bereich Umweltschutz und Menschenrechte zudem andere Länder und die internationale Ebene inspirieren und beeinflussen sowie die Nachhaltigkeitsagenda der WTO voranbringen. Die Produzentenländer haben dafür teilweise Verständnis. Als Top-Down erachten sie vor allem, dass die EU nationale Waldgesetze nicht anerkennt und selber bestimmt, wo die Waldgrenzen verlaufen sollen.

Haben Sie Beispiel für eine positive Aufnahme der EUDR im globalen Süden?

Elisabeth Bürgi Bonanomi: In Äthiopien haben wir viele Expert*innen getroffen, die die EUDR nicht nur als Herausforderung, sondern auch als Chance sehen. Denn sie wird helfen, sichtbar zu machen, dass ein grosser Anteil des äthiopischen Kaffees aus ökologisch wertvollen Räumen stammt – aus Wald- und Agroforstgebieten. Damit verbunden ist die Hoffnung, dass sich für «nachhaltig wertvollen» Kaffee bald auch ein besserer Preis erzielen lässt. Die Kritik betrifft die vielen Fragezeichen, die es bei der Umsetzung gibt.

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«Die Produzent*innen merken, dass eventuell auch andere Absatzmärkte mit ähnlichen Verordnungen nachziehen werden»

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Astrid Zabel: Das habe ich sehr ähnlich wahrgenommen, als ich für eine Studie 24 Stunden Youtube-Videomaterial zu Reaktionen auf die EUDR ausgewertet habe. Es hat sich gezeigt, dass die EU zwar für zahlreiche Länder nicht der grösste Absatzmarkt ist, die Produzent*innen aber merken, dass eventuell andere Absatzmärkte wie die USA, Japan, China und zum Teil die Schweiz früher oder später mit ähnlichen Verordnungen nachziehen könnten. Deshalb sagen sich viele: «Besser wir erfüllen jetzt die Vorschriften, damit wir für die später nachfolgenden Märkte Vorteile haben.»

Elisabeth Bürgi Bonanomi: Äthiopien ist ein Beispiel dafür. Rund 30 Prozent seines Kaffees wird nach Europa exportiert. Das Land bemüht sich, gemeinsam mit involvierten Akteur*innen rückverfolgbare, formalisierte Wertschöpfungsketten aufzubauen. Wegen der strengen EU-Regeln wird es kurzfristig aber wohl weniger Kaffee nach Europa ausführen. Deshalb versucht die Regierung auch, die Absatzmärkte ausserhalb der EU und der Schweiz zu diversifizieren. Ganz allgemein wird es in zahlreichen Ländern für die Produzent*innen zwei unterschiedliche Märkte geben: Märkte mit hohen und weniger hohen Vorgaben. Das gibt ihnen mehr Verhandlungsmacht und mittel- bis längerfristig die Möglichkeit, die Produkte, die in die EU und die Schweiz gehen, teurer zu verkaufen.

Es gibt auch die Befürchtung, dass die EUDR zu mehr Plantagenanbau führen wird, weil Plantagenbesitzer*innen und grosse Unternehmen eher in der Lage sind, den Anforderungen an die technologische Infrastruktur Genüge zu leisten, die es für die Rückverfolgbarkeit braucht.

Astrid Zabel: Ich gehe davon aus, dass es zu massiven Skaleneffekten kommt. Grosse Plantagen werden es viel einfacher haben, ihre Produkte abzusetzen. Zudem dürfte es zu einer Konsolidierung im Zwischenhandel kommen. Heute profitieren viele Zwischenhändler, zum Teil auch im Graubereich, von diesen Rohstoffen. Ihre Zahl wird vermutlich abnehmen, was einen positiven Preiseffekt haben kann – aber natürlich auch Auswirkungen auf die Akteure, die von diesem Business leben.

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«Der Druck auf andere Ökosysteme ausserhalb des Waldes könnte zunehmen»

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Heisst das, dass in Europa vor allem Kaffee aus Plantagen auf den Markt kommen wird und eben nicht jener von ökologisch produzierenden Kleinfarmen?

Elisabeth Bürgi Bonanomi: Das ist nicht einfach vorauszusehen. Die EU investiert viel Geld, um die wertvollen, kleinräumigen Strukturen in den Produktionsländern zu erhalten und diese an Bord zu holen. Auch hat sie weitere Regeln – wie das neue Lieferkettengesetz CSDDD – erlassen, die solchen Dynamiken entgegen steuern sollen. Demnach sind Grossunternehmen verpflichtet, negative Auswirkungen auf Menschen und Umwelt zu verhindern.

Astrid Zabel: Neben den Befürchtungen zu Land Grabbing und der Schaffung von neuen Plantagen unter einem grossen Eigentümer gibt es eine weitere: Dass in den Gebieten, die von der EUDR betroffen sind, gar nicht mehr Agrarrohstoffe angebaut werden, sondern das Land für andere Zwecke genutzt wird – zum Beispiel für den Anbau illegaler Substanzen. Was genau passiert, hängt stark von der Gouvernanz vor Ort, den Preisentwicklungen der verschiedenen Güter und weiteren Faktoren ab.

Elisabeth Bürgi Bonanomi: Es könnte tatsächlich zu weiteren unbeabsichtigten Auswirkungen und Verschiebungen kommen. Dazu gehört, dass der Druck auf andere Ökosysteme zunehmen kann, die ausserhalb von Wäldern liegen. Der Wald wäre zwar geschützt, nicht aber die Lebensräume ausserhalb davon. Eine Reform der EUDR ist deshalb bereits angedacht.

Man plant eine Reform, bevor man überhaupt damit begonnen hat, die Verordnung umzusetzen?

Elisabeth Bürgi Bonanomi: Wir befinden uns in einem Suchprozess nach der «besten» Regulierung. Es wird sehr wahrscheinlich auch zu einem WTO- Schiedsgerichtsverfahren gegen die EU kommen. Dies wird wohl – zu Recht – nicht zur Folge haben, dass die EUDR als Ganzes in Frage gestellt wird, sondern dass sie kontextgerechter ausgestaltet werden muss.

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«Wir verlangen mehr Schutz für den Wald, ändern aber zunächst einmal nichts an unseren Konsummustern»

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Hintergrund der EUDR ist ja, dass unser Konsum die globale Entwaldung antreibt. Und jetzt sollen es die Produzent*innen im globalen Süden richten. Entzieht man sich da nicht der eigenen Verantwortung?

Elisabeth Bürgi Bonanomi: Die EUDR gilt auch innerhalb der EU. Es wird interessant sein zu sehen, wie die EU die Regeln in den Mitgliedstaaten umsetzt. Und falls die EUDR zu höheren Preisen führt, wird auch etwas weniger von den entsprechenden Rohstoffen konsumiert.

Astrid Zabel: Es gibt zwar Forschungsprogramme, etwa in Horizon2020, die sich der Suffizienz annehmen, aber auf politischer Ebene wurde keine entsprechende Verordnung verankert. So gesehen, verlagert man mit der EUDR die Verantwortung für die externen Effekte unseres Konsums woanders hin: Wir verlangen mehr Schutz für den Wald, ändern aber zunächst einmal nichts an unseren Konsummustern, ausser wenn wir auf Preisänderungen reagieren.

In einem neuen Forschungsprojekt, das ich zusammen mit afrikanischen Partnern leite, untersuchen wir nicht zuletzt deshalb, ob sich eine grüne, holzbasierte Wirtschaft in Afrika aufbauen liesse – statt dass afrikanische Produzent*innen wegen der EUDR auf Handelsströme in den asiatischen Markt ausweichen. Politische Bestrebungen, in diese Richtung zu gehen, sind vorhanden, aber im Moment stehen dem noch zahlreiche Handelshemmnisse im Weg. Die Frage, ob der afrikanische Kontinent nicht mehr aus seinen eigenen Ressourcen machen und einen besseren Markt für sich selbst aufbauen kann, ist mit der EUDR noch dringlicher geworden.

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«Viele afrikanische Länder hegen seit Langem den Traum eines eigenen Zertifikats»

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Heisst das eine holzbasierte Wirtschaft, für die weiterhin entwaldet wird?

Astrid Zabel: Nein, eine Wirtschaft, die auf den Prinzipien eines nachhaltigen Waldbaus basiert, bei dem Bäume ausserhalb von Schutzgebieten genutzt werden können. Die Idee – und ein lang gehegter Traum vieler afrikanischer Länder – ist, ein innerafrikanisches Zertifikat zu schaffen, das auf nachhaltigem Forstmanagement beruht. Denn für die Produzent*innen in diesen Ländern sind Umweltzertifikate für Holz wie FSC und PEFC schwerlich zu erreichen: Sie sind sehr teuer und mit einem aufwändigen Prozess verbunden. Deshalb wollen wir ausloten, ob es nicht möglich ist, ein einfacher umzusetzendes und erreichbares Zertifikat für den innerafrikanischen Handel zu schaffen – auch wenn es die Kritik gibt, dass Zertifikate keine echte Lösungen sind. Wir müssen ja auch berücksichtigen, dass das einem Bedürfnis dieser Länder entspricht.

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 «Der Rohstoffhandel ist von der EUDR nicht betroffen, sofern die Rohstoffe nicht in die EU gelangen» 

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Auch Schweizer Unternehmen, die waldbasierte Produkte in die EU liefern wollen, sind von der EUDR betroffen. Der Bundesrat macht aber bisher keine Anstalten, eine EUDR-konforme Regulierung für entwaldungsfreie Lieferketten zu schaffen…

Astrid Zabel: … der Bundesrat wartet zu, aber ich sehe hier keine Alternative zum autonomen Nachvollzug …

Elisabeth Bürgi Bonanomi: … er analysiert und hat bis jetzt nicht beschlossen, in der Schweiz nachzuvollziehen. Aber ja, auch ich denke, dass wir nachvollziehen müssen. Denn Schweizer Firmen, die von der EUDR betroffene Rohstoffe und Produkte in die EU exportieren wollen, werden die neuen Vorgaben so oder so einhalten müssen. Natürlich wäre es möglich, dass sie selbst Massnahmen ergreifen, um die Herkunft der entsprechenden Produkte rückverfolgbar zu machen. Das würde allerdings zum einen zu einer indirekten Diskriminierung gegenüber jenen Unternehmen führen, die den EU-Markt nicht bedienen. Zum anderen wären Schweizer Unternehmen mit einem nicht-tarifären Handelshemmnis konfrontiert, wenn die Schweiz kein Monitoringsystem einführt, das jenem der EU entspricht.

Und wenn die Schweiz trotzdem nichts macht: Wird sie dann zur Drehscheibe für Produkte, die aus Entwaldung stammen?

Elisabeth Bürgi Bonanomi: Hier müssen wir unterscheiden zwischen Produkten, die in der Schweiz verarbeitet werden und physisch die Grenze zur EU überschreiten, sowie dem Rohstoffhandel, dessen Güter weder in die Schweiz noch in die EU gelangen. Bei den grossen Unternehmen, die Kaffee oder Kakao verarbeiten, lässt sich nicht ausschliessen, dass sie segregierte Wertschöpfungsketten einrichten – eine EUDR-konforme für den europäischen Markt und eine andere, nicht-entwaldungsfreie für andere Märkte. Der Rohstoffhandel hingegen ist von der EUDR nicht betroffen, sofern die Rohstoffe nicht in die EU gelangen. Hier müsste man schauen, ob das neue Lieferkettengesetz greift.

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«Die Schweiz sollte es geschickt machen und auch indigene und lokale Gemeinschaften unterstützen»

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Wenn die Schweiz nachvollzieht: Soll sie möglichst schnell die EUDR übernehmen oder etwas Eigenes aufziehen?

Astrid Zabel: Sie sollte nachvollziehen, damit es nicht verschiedene Systeme gibt. Aber sie sollte es geschickt machen und gleichzeitig in die Unterstützung von indigenen und lokalen Gemeinschaften investieren. So, dass diese die Märkte bedienen können und es nicht zu unerwünschten strukturellen Verschiebungen mit sozio-ökonomischen Nachteilen für die Schwächsten kommt. Es gilt, neue, kreative Ansätze und Lösungen zu suchen, die unbeabsichtigten Auswirkungen begegnen können.

Elisabeth Bürgi Bonanomi: Die Schweiz könnte ihren politischen Spielraum konstruktiver nutzen. Neben technischer Hilfe für Kleinbäuer*innen – wie es die EU vorsieht – könnte sie politische Anreize für sozialverträgliche Unternehmensmodelle vorsehen. Das wäre noch immer EU-konsistent, würde die Debatte aber voranbringen. In einem kleinen Projekt mit der Wyss Academy for Nature entwickeln wir gegenwärtig konkrete Rechtsvorschläge, um den Prozess zu inspirieren.

Das CDE forscht in mehreren Projekten, wie sich die EUDR entwicklungsfreundlich umsetzen lässt, bzw. zu Alternativen:

Nachhaltiger Kaffeehandel dank Rückverfolgbarkeit und Landschaftsansatz

Das Projekt untersucht anhand des Beispiels Kaffee in Äthiopien, wie Vorgaben zur Entwaldungsfreiheit umgesetzt werden und wie Rückverfolgbarkeitssysteme gestaltet sein müssen, um den ökologischen, soziokulturellen und wirtschaftlichen Besonderheiten der Produktionsländer Rechnung zu tragen. Mehr Infos

Förderung eines nachhaltigen innerafrikanischen Holzhandels

Im Projekt werden Strategien entwickelt, um die innerafrikanische Holznutzung für ein nachhaltiges grünes Wachstum zu steigern, und Vorschläge für die Schaffung eines afrikanischen Zertifizierungssystems erarbeitet. Mehr Infos

EUDR: Interessen der afrikanischen Kleinbauern in der politischen Debatte in der Schweiz stärken

Ziel des Projekts ist es, aufzuzeigen wie sich die Integration der EUDR in die Schweizer Gesetzgebung aus Sicht von westafrikanischen Kleinproduzent*innen von Kakao am besten umsetzen lässt. Mehr Infos

Umweltgerechtigkeit für das menschliche Wohlergehen (COMPASS)

Im Rahmen dieses Projekts beschäftigen sich die Forschenden u.a. mit den Auswirkungen der EUDR auf die Wertschöpfungsketten Kaffee und Kakao in Peru und loten die Herausforderungen und Chancen aus, die damit verbunden sind. Mehr Infos

EU-Entwaldungsverordnung – wie lässt sich diese sozialverträglich gestalten?

Braucht es wegen der EUDR eine Anpassung des Schweizer Rechts und unterstützende Massnahmen für Schweizer Unternehmen? Das Centre for Development and Environment und die Wyss Academy for Nature leiten gemeinsam einen Prozess in der Schweiz, um konstruktive Vorschläge zur Stärkung der Sozialverträglichkeit zu erarbeiten.