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«Viele afrikanische Länder hegen seit Langem den Traum eines eigenen Zertifikats»
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Heisst das eine holzbasierte Wirtschaft, für die weiterhin entwaldet wird?
Astrid Zabel: Nein, eine Wirtschaft, die auf den Prinzipien eines nachhaltigen Waldbaus basiert, bei dem Bäume ausserhalb von Schutzgebieten genutzt werden können. Die Idee – und ein lang gehegter Traum vieler afrikanischer Länder – ist, ein innerafrikanisches Zertifikat zu schaffen, das auf nachhaltigem Forstmanagement beruht. Denn für die Produzent*innen in diesen Ländern sind Umweltzertifikate für Holz wie FSC und PEFC schwerlich zu erreichen: Sie sind sehr teuer und mit einem aufwändigen Prozess verbunden. Deshalb wollen wir ausloten, ob es nicht möglich ist, ein einfacher umzusetzendes und erreichbares Zertifikat für den innerafrikanischen Handel zu schaffen – auch wenn es die Kritik gibt, dass Zertifikate keine echte Lösungen sind. Wir müssen ja auch berücksichtigen, dass das einem Bedürfnis dieser Länder entspricht.
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«Der Rohstoffhandel ist von der EUDR nicht betroffen, sofern die Rohstoffe nicht in die EU gelangen»
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Auch Schweizer Unternehmen, die waldbasierte Produkte in die EU liefern wollen, sind von der EUDR betroffen. Der Bundesrat macht aber bisher keine Anstalten, eine EUDR-konforme Regulierung für entwaldungsfreie Lieferketten zu schaffen…
Astrid Zabel: … der Bundesrat wartet zu, aber ich sehe hier keine Alternative zum autonomen Nachvollzug …
Elisabeth Bürgi Bonanomi: … er analysiert und hat bis jetzt nicht beschlossen, in der Schweiz nachzuvollziehen. Aber ja, auch ich denke, dass wir nachvollziehen müssen. Denn Schweizer Firmen, die von der EUDR betroffene Rohstoffe und Produkte in die EU exportieren wollen, werden die neuen Vorgaben so oder so einhalten müssen. Natürlich wäre es möglich, dass sie selbst Massnahmen ergreifen, um die Herkunft der entsprechenden Produkte rückverfolgbar zu machen. Das würde allerdings zum einen zu einer indirekten Diskriminierung gegenüber jenen Unternehmen führen, die den EU-Markt nicht bedienen. Zum anderen wären Schweizer Unternehmen mit einem nicht-tarifären Handelshemmnis
konfrontiert, wenn die Schweiz kein Monitoringsystem einführt, das jenem der EU entspricht.
Und wenn die Schweiz trotzdem nichts macht: Wird sie dann zur Drehscheibe für Produkte, die aus Entwaldung stammen?
Elisabeth Bürgi Bonanomi: Hier müssen wir unterscheiden zwischen Produkten, die in der Schweiz verarbeitet werden und physisch die Grenze zur EU überschreiten, sowie dem Rohstoffhandel, dessen Güter weder in die Schweiz noch in die EU gelangen. Bei den grossen Unternehmen, die Kaffee oder Kakao verarbeiten, lässt sich nicht ausschliessen, dass sie segregierte Wertschöpfungsketten einrichten – eine EUDR-konforme für den europäischen Markt und eine andere, nicht-entwaldungsfreie für andere Märkte. Der Rohstoffhandel hingegen ist von der EUDR nicht betroffen, sofern die Rohstoffe nicht in die EU gelangen. Hier müsste man schauen, ob das neue Lieferkettengesetz greift.