Für die Weiterentwicklung der Münchner Projekte in diese Richtung ist es überaus praktisch, dass auch das Venture Lab für Artificial Intelligence und Robotics um die Ecke liegt. Dort wird uns später ein kleiner Roboter vorgeführt, der gezielt ein Unkraut aus den Böden herausschraubt, das nicht nur den bayrischen Biobetrieben das Leben schwer macht. Weil im Ökolandbau weniger Pestizide ausgebracht werden dürfen, muss die Wiesen-Blacke aufwändig von Hand ausgestochen werden. Das übernimmt, wenn es nach den Plänen der Forschenden geht, künftig der Roboter.
Sehr beeindruckt packe ich meinen Weihnachtsstern in das bereitgelegte Zeitungspapier. Die Hightech-, High-End-Forschung hat eine grosse Anziehungskraft. Die Infrastruktur fördert Zusammenarbeit, schafft Experimentierräume, lässt keine Wünsche offen. Man spürt die Neugier, das Engagement, die Begeisterung der Forschenden, etwas beizutragen, um die grossen Herausforderungen der Zeit zu bestehen.
Knacknuss Übertragbarkeit
Dass vertikale Indoor-Systeme für die Nahrungsmittelversorgung von urbanen Verdichtungsräumen wie Singapur oder Abu Dhabi in Zukunft einen entscheidenden Beitrag leisten können, leuchtet mir ein. Weniger klar ist, ob diese Entwicklung auch für Dakar oder Nairobi Potenzial hat. Die Forscher*innen selbst meinten, es bräuchte für Afrika «Lowtech»-Lösungen.
Genau hier steckt die Knacknuss. Die Proteine aus Erbsen für pflanzliche Ersatzprodukte, wertvolle Öle für medizinische Anwendungen, Polymere aus Algen als alternative Verpackungsstoffe – alles grossartige Entwicklungen, die unseren ökologischen Fussabdruck möglicherweise senken und auch einen Markt finden werden. So wie die Weihnachtssterne neben dem Glühweinstand in der trüben Münchner Innenstadt.
Doch die Versorgungssicherheit in Gebieten, wo heute die Hungerzahlen wieder steigen, kriegen wir seit 50 Jahren nicht in den Griff. Technologie- und kapitalintensive Lösungen, wie sie die Wissenschaftlerinnen an der TUM so erfolgreich hervorbringen, enttäuschen in der Übertragbarkeit auf Räume, die systemisch von anderen Rahmenbedingungen geprägt sind. Und sie gehen das Verteilungssystem, welches an der Wurzel der Unterversorgung steht, nicht an.
Die Erfolge der Venture Labs der TUM sind inspirierend. Das Venture-Lab, das den Durchbruch in dieser Frage bringt, möchte ich gerne besuchen. Die Infrastruktur, die notwendig ist, um Innovationen, die Hungerkrisen endgültig Geschichte werden lassen, sehen. Rankings, die dafür Punkte verteilen, kennen. Einschlägige Errungenschaften als «Einhörner» feiern.
Meinen Weihnachtsstern habe ich auf das Fensterbrett im gerade richtig angestaubten Hotelzimmer am Kaiser Ludwig-Platz gestellt. Dort passt er wunderbar hin.