7: «Falsches Motiv»
«Das Hauptanliegen von Pigou war nicht, mehr Staatseinnahmen zu generieren, sondern Verhaltensweisen zu verändern», heisst es oft. Und dem ist auch so. Aber Letzteres funktioniert nicht – jedenfalls nicht auf lange Sicht. Gewisse psychologische Verdrahtungen in unserem Hirn verhindern offenbar langfristige Verhaltensänderungen, wenn sie ausschliesslich aufgrund eines äusseren Anstosses erfolgen, statt aus einer genuinen Überzeugung heraus.
Zweifellos sind tiefgreifende Verhaltensänderungen in für die Treibhausgasemissionen wichtigen Bereichen – Mobilität, Energieverbrauch, Konsum – entscheidend, um in der Klimapolitik und in der nachhaltigen Entwicklung auf einen grünen Zweig zu kommen.
Passen wir uns nur oberflächlich und infolge von gelenkten Impulsen an, und nicht wegen einer bewusst gefassten Einsicht, werden wir immer wieder in alte Muster zurückfallen.
Und hier kommt eine andere Disziplin ins Spiel: Während Ökonominnen – auf die Kurzformel gebracht – überzeugt sind, dass wir unsere Entscheidungen aufgrund von individuellen Präferenzen fällen, kehrt die Psychologie die Logik um: Es sind unsere Entscheidungen, die unsere Präferenzen formen. Dieses sogenannte Präferenz-Umkehr-Phänomen steht, so Dorschs Lexikon der Psychologie, in Widerspruch zu Grundannahmen der Ökonomischen Theorie des Homo oeconomicus.
Pigou und «The value of the whale»
Arthur Cecil Pigou wäre vermutlich enttäuscht über die Bilanz seines Ansatzes. Dass dieser einen signifikanten Beitrag zur Senkung unserer Treibhausgasemissionen leisten kann, ist weitgehend Theorie geblieben.
Was aber lässt sich aus der Geschichte lernen? Die wichtigste Einsicht dürfte sein: Lenkungsabgaben als ein Mittel, um unsere Krisen zu bewältigen, sind nicht falsch – sofern sie wirksamer ausgestaltet werden als bisher. Die schwache Wirkung und der fehlende Lerneffekt erinnern an das Phänomen der «Umsetzungsfehler»: Wir versuchen es wieder und wieder, erhöhen allenfalls die Dosis, aber ändern nichts am Grundsatz.
Es ist, wie wenn der Lift nicht kommt, wenn wir darauf warten. Die meisten Menschen – ich inklusive – drücken wie wild auf den Knopf, statt die Treppe zu nehmen. Oder, um es mit Adrienne Buller, der Autorin von «The value of a whale: On the Illusions of Green Capitalism», zu sagen: Die Obsession mit der Kosten-Nutzen-Optik prägt die Deutung der Umwelt- und der Ungleichheitskrisen und verstellt unseren Blick auf wirksamere Massnahmen.