Erkenntnisse
Es gibt in der Schweiz Personen, die einen suffizienten Lebensstil leben. Sie sind vorwiegend mit dem Velo oder ÖV unterwegs, fliegen selten bis gar nicht, konsumieren bewusst wenig und wenn, dann sozial und ökologisch verträglich. Zudem sind sie mit ihrem Leben zufrieden. Bei den von uns interviewten Personen handelt es sich vorwiegend um solche aus einer höheren Bildungsschicht mit entsprechendem Einkommen. Dies ist jedoch in erster Linie auf das Forschungsdesign zurück zu führen, welches keinerlei Anspruch auf Repräsentativität erhebt. Die Geschlechter sind ausgeglichen und es finden sich Personen verschiedenster Altersgruppen, die alleine, zu zweit, in einer traditionellen Familienstruktur, aber auch in einer grösseren Gemeinschaft leben.
Motiviert zu ihrem Lebensstil werden die Personen insbesondere durch eine erhöhte Sensibilität für die Bedürfnisse anderer (auch zukünftig lebender) Menschen und der Natur, sowie ein stark ausgeprägtes Verantwortungsgefühl. Ressourcen zu schonen ist ihnen ein wichtiges Anliegen und sie sind der Ansicht, materieller Konsum trage nicht zwingend zur Lebenszufriedenheit bei.
Als einen suffizienten Lebensstil hemmende Faktoren werden vor allem genannt: die Macht der eigenen Gewohnheiten, mangelnde Angebote (z.B. an Bioprodukten) oder Infrastruktur (z.B. keine ÖV-Verbindungen), sowie Freunde und Familie, die den Lebensstil nicht akzeptieren. Stimmen hingegen Angebot und Infrastruktur, wie vielerorts in der Schweiz, und kann auf einen ähnlich gesinnten Familien- und Freundeskreis zurückgegriffen werden, empfinden dies unsere Interviewpersonen als förderlich für die Umsetzung ihres Lebensstils. Ausserdem wird die Vereinfachung des Lebens (‚Leichter Leben’, ‚Entrümpelung’) als fördernder Faktor betont.
Zu einem guten Leben trägt ein suffizienter Lebensstil deshalb bei, weil er Zeit und Raum schafft, das Leben nach eigenem Gutdünken zu gestalten: Wer seine materiellen Ansprüche bewusst herunterschraubt, muss weniger Zeit in die Erwerbsarbeit stecken. Er ist dann zwar weniger reich an Gütern, dafür steigt der Reichtum an Selbstbestimmung, Freiheit, sozialen Beziehungen, Reflexion, Musse und einem bewussteren Leben.
Diese Erkenntnis sollte gemäss unseren ProbandInnen am besten in Form von Bildung „unter’s Volk“ gebracht werden. Zur Verbreitung eines suffizienten Lebensstils werden aber auch das Schaffen entsprechender institutioneller Rahmenbedingungen (z.B. die Förderung gemeinschaftlicher Initiativen) als wichtig angesehen. Zudem wird aufgrund des ihm inhärenten Wachstumsmaximierungszwangs der Umbau des aktuellen Wirtschaftssystems als erforderlich erachtet.